...besser raus!

Levada da Rocha Vermelha

Diese Tour entdeckten wir spontan beim Morgenkaffee im Internet. Auf den Tourismusseiten von Calheta befinden sich, mehr oder weniger geschickt in Szene gesetzt, einige rare Tourenvorschläge, wobei sich die Levada da Rocha Vermelha davon am interessantesten anhört. Zwar gibt es auch anderswo zahlreiche Trackvorschläge für diese Levada, allerdings steigen die uns bekannten Varianten alle vom Bereich der 25 Quellen zur Rocha Vermelha ab. Diese Passage war zum Zeitpunkt unserer Begehung wegen Bergrutsch unpassierbar bzw. wäre zu gefährlich gewesen. Und wer will schon einige hundert Höhenmeter absteigen nur um festzustellen, dass es nicht mehr weitergeht…

Die Levada da Rocha Vermelha ist von den vier Rabacal-Levadas die am wenigsten begangene und bis jetzt vom Massentourismus gänzlich verschont geblieben. Das liegt zum einen an der abgeschiedenen Lage fernab der Busparklätze und Hauptstraßen, zum anderen scheuen viele sicherlich die nicht gerade wenigen Höhenmeter, die von Rabacal aus zu bewältigen sind um hier auf den Track zu gelangen. Die heutige Variante war uns vorher völlig unbekannt.

Der Einstieg erfolgt von Malhada aus durch einen ca. 1,7 km langen Tunnel. Das eigentliche Abenteuer an dieser Runde war für uns den angegebenen Startpunkt zu finden. Die Irrfahrt durch die kleinen Ortschaften an den Hängen der Berge sorgte für etliche unfreiwillige Zusatzkilometer im Auto. Schließlich prügelten wir den Mietwagen durch eine steile Dorfgasse, die nur unwesentlich breiter war als das Auto selbst, hinauf zu einem Wasserreservoir. Eigentlich hätten wir noch weiter hoch zu einem angeblichen Wanderparkplatz fahren sollen laut Plan. Zum Glück entschließen wir uns aber den Wagen am Wassertank stehen zu lassen. Der versprochene Parkplatz ca. 1,3 km weiter den Berg hinauf taucht nämlich später überhaupt nicht auf und der Weg ist sowieso unbefahrbar für den Renault Clio. Also starten wir die Wanderung etwas vor dem geladenen GPX-Track, an besagtem Reservoir.

Da hätten wir den Clio hochjagen sollen laut Beschreibung

Es geht auch sogleich steil bergauf. Nach einigen Kurven können wir einen ausführlichen Blick auf das neue Wasserkraftwerk von Calheta werfen. Die Anlage liegt unter uns im Tal und die gigantischen Zuleitungen zeugen von beeindruckender Ingenieurskunst. Wir kraxeln weiter die ausgewaschene Piste entlang bis wir auf die Levada da Rocha Vermelha treffen, die hier in einer Druckröhre verschwindet. Es folgt ein gemütlicher Spaziergang entlang des recht großen Kanals, der sich durch den für Madeira typischen grünen feuchten Wald windet. Bald darauf stehen wir vor dem eigentlichen Eingang ins Tal der Ribeira da Janela, einem kleinen schwarzen Loch in der Felswand. Über den dahinter befindlichen ca. 1,7 km langen Tunnel gelangt man in eine der schönsten und zugleich abgelegensten Gegenden der Insel.

Der Tunnel in die Ribeira da Janela

Prinzipiell ist der Tunnel gut zu gehen, an einigen Stellen wird es etwas enger und an anderen etwas feucht, aber es existieren wesentlich ungemütlichere Felsröhren auf der Insel. Diese hier ist eben nur sehr lang, also nichts für den Platzangsthirsch. Hat man diese Hürde allerdings überwunden und den Ausgang in der Ribeira da Janela erreicht, kann man ordentlich staunen. Zu geil sind die Ausblicke in die steile Schlucht unter uns oder in die Ferne zum Talausgang.

Das nächste Highlight folgt wenig später. Ein idyllischer Wasserfall ergießt sich in einen großen Gumpen. Wer Bock hat kann hier auch baden gehen. Über einige Canyoning-Sicherungen lässt sich sogar noch relativ problemlos die nächste Kaskade des Wasserfalls erklettern. Hier haben wir aber nur noch einen kleinen Blick riskiert und beschlossen beim nächsten Mal genauer zu erkunden wohin dieser Weg führen könnte.

Hier sind sogar Fische drin (leider etwas unscharf)

Einige Meter weiter mündet die Levada do Seixal aus einem sehr langen Tunnel in die Levada da Rocha Vermelha. Auch diese uns unbekannte Tourenvariante durch den Tunnel in die Ribeira do Seixal merken wir uns für das nächste Mal vor. Wir folgen heute aber weiter der Levada da Rocha Vermelha.

Der nun folgende Weg lässt sich bequem und sicher erwandern. Stets gegen die Fließrichtung laufend, erschließen sich wunderbare Aussichten über das riesige Tal und die grünen Hänge. Die Sonne hat mittlerweile ordentlich an Wucht zugelegt, es ist fast schon heiß, aber immer wieder schattig. Kleinere Wasserfälle stürzen hier und da von oben aus der Rabacal-Region herunter und speisen den Wasserlauf.

Unglaublich, dass diese Levada so wenig begangen wird

Irgendwann knickt die Levada aber rechts vom Weg ab ins stark bewachsene, steile Gelände. Der Pfad folgt weiter am Abgrund entlang, wird zunehmend dichter und ist an einigen Stellen nur noch notdürftig mit viel Geschick und Trittsicherheit passierbar. Mehrmals müssen wir uns um Dornen, Felsbrocken oder beides gleichzeitig herum manövrieren.

Nur keine Langeweile, es wird noch besser. Die Dornen weichen flachem Gestrüpp und der Pfad verwandelt sich in eine ausgewaschene Rinne, die sich steil und in engen Windungen den Hang hinaufschraubt. Die ausgespülten Geländestufen sind teils so hoch, dass wir uns am Gebüsch entlanghangeln müssen um Halt zu finden. Einige Höhenmeter später erreichen wir wieder den Verlauf der Levada. Diese ist aber jetzt deutlich kleiner und scheint kaum noch gepflegt zu werden.

Auch der Wartungspfad ist längst nicht mehr so komfortabel, aber immerhin noch gut begehbar. Jedenfalls für kurze Zeit, den kaum um die nächsten Kurven gewandert stehen wir vor einer steilen, aus endlosen Stufen bestehenden Treppe, die zu allem Überfluss auch noch ziemlich glitschig ist. Das Wasser schießt direkt neben uns durch eine Rinne herab. Den Blick nach oben gerichtet gehen wir das Ganze mutig an. Ein Ende der ungemütlichen Stufen scheint trotzdem nicht in Sicht zu kommen. Irgendwann, gefühlte Stunden später, ist tatsächlich das Ende von Treppe und Kondition erreicht.

Stairway to Heaven

Ein schmaler Pfad führt uns an dem kaum gefüllten Wasserlauf weiter. Schließlich erreichen wir die aktuelle Madre, kraxeln aber noch ein kleines Stück weiter zur ursprünglichen Madre, die brach liegt. Dort versteckt sich einsam und verlassen ein alter Geocache. Diesen finden wir sogar überraschend schnell und leiten endlich eine wohlverdiente Pause ein.

Viel Wasser und ein Twix später machen wir uns auf den Rückweg. Dieser gleicht exakt unserem Hinweg, deswegen folgt hier auch keine weitere Beschreibung dazu. Es passiert auch tatsächlich nichts berichtenswertes mehr, abgesehen von der immer noch umwerfenden Kulisse.

Blick in die Ribeira da Janela auf dem Rückweg

Fazit:

Die Levada da Rocha Vermelha ist in unserem persönlichen Levada-Ranking ganz weit nach oben geklettert. Die Tatsache, dass wir auf der gesamten Tour mit 23 km Wegstrecke, nicht einen einzigen Menschen getroffen haben verdeutlicht, wie abgelegen und unzugänglich diese traumhafte Wanderung im Herzen Madeiras verläuft. Da der Abstieg von Rabacal aktuell nicht begangen werden kann (Stand: 2020), ist der Einstieg in die Tour nur durch zwei äußerst lange Tunnel möglich (Seixal oder Malhada), die man auch gleich zweimal passieren muss, sollte man zum Ausgangspunkt zurückkehren wollen. Einige Passagen sind mitunter anstrengend oder erfordern ein gewisses Geschick (Stichwort Treppe), aber trotz allem lohnt sich der Weg. Die Ausblicke in die Ribeira da Janela sind unbezahlbar und jede Mühe wert. Einfach nur fett das Ding!

Faktencheck:

23,3 km, 360 Hm, 3,8 km/h, viel Wasser, 1x Twix, gefühlte 1000 Fotos, 2x langer Tunnel, 1x Treppenpsychose

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