...besser raus!

Encumeada – Pico Grande (Circular Walk)​

Das erste Drittel dieser Rundwanderung sind wir in Kombination mit anderen Touren schon mehrfach gelaufen. Heute sollte es aber endlich der Pico Grande werden. Am Encumeada-Pass finden sich im Bereich des Souvenirshops reichlich kostenfreie Parkgelegenheiten für den Mietwagen. Alternativ kann man auch vom Hotel Encumeada, das für Wanderungen auf Madeira übrigens perfekt gelegen ist, den Aufstieg zum Pass starten. Es existiert auch eine Busverbindung, die allerdings je nach Wochentag nicht besonders stark frequentiert wird. Der Encumeada-Pass befindet sich relativ genau in der Mitte Madeiras und ist unter anderem sehr bekannt für den sogenannten Encumeada-Wolkenfluss. Bevor der ca. 4 km lange Straßentunnel im Tal gebaut wurde, war die Passstraße eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen auf der Insel.

Das Wetter ist perfekt, keine Wolke zeigt sich am Himmel und die Aussicht ist schon vom Pass aus einfach nur grandios. Wir starten an der Snackbar und gehen die Runde im Uhrzeigersinn an. Aus vorherigen Touren wissen wir was uns direkt zum Einstieg erwartet. Es wird steil, sehr steil, ein Fall für die Stiftung Wadentest. Der felsige Pfad windet sich den Berg hinauf und immer wieder wurden Stufen in die Felsen gehauen um den Anstieg zu erleichtern. Nach der gefühlt steilsten Felsentreppe der Welt und einigen Windungen erreichen wir den ersten markanten Punkt der Tour. Ein Plateau mit unglaublicher Aussicht in die Täler nach Norden und Süden zugleich. Wir erinnern uns daran, wie wir hier im Januar 2017 einen freundlichen Engländer trafen, der mehrere Stunden damit zubrachte Licht- und Schattenspiele an den Berghängen mit seiner Kamera festzuhalten.

Blick über das Tal von Sao Vicente

Nach der ersten Trinkpause wühlen wir uns weiter den Berg hinauf, wandern unterhalb einer imposanten Felswand entlang und erreichen durch tunnelartig gewachsenes Buschwerk ein noch höher gelegenes Plateau. Eine erste Zwischenbilanz: Wenig Wegstrecke aber schon einige hundert Höhenmeter auf dem Oregon. Hier treffen wir auf ein italienisches Pärchen, das nur mit Zelt bewaffnet in mehreren Tagen die ganze Insel von West nach Ost durchwandert, Respekt!

Irgendwo kurz vor dem Pico do Jorge

Wir kraxeln weiter und irgendwo auf dem Pico do Jorge treffen wir Mike, der uns entgegenwandert. Mike ist Engländer, hat einige Jahre als Holzfäller in der schottischen Wildnis in einem Zelt gelebt und ist mit einer Vespa von Funchal aus ins Nonnental gefahren. Von dort aus startete er seine Tour. Ein sehr witziger und netter Typ mit krasser Lebensgeschichte. Wir unterhalten uns über unsere geplanten Tracks und stellen fest, dass wir dasselbe Ziel haben, den Pico Grande. Wir beschließen bis zum Gipfel zusammen weiterzulaufen, für uns zwar ein minimaler Umweg aber kein Problem.

Vom Pico do Jorge aus folgt erstmal ein recht steiler Abstieg auf losem Geröll und größtenteils ohne Sicherung. Abstürzen kann man nicht wirklich, aber man muss tierisch auf Knöchel und Bänder aufpassen. Mike geht vor und rutscht prompt aus, aber es passiert zum Glück nichts Schlimmes. In einer Talsenke angekommen nimmt die Vegetation wieder zu und wir tauchen endlich in etwas Schatten ein, denn die Sonne brennt mittlerweile ziemlich heftig. Mike erzählt uns einige Anekdoten aus seinem sehr facettenreichen Leben und wir hören gespannt zu. Echt interessant was manche Menschen so erleben, vor allem wenn man wie wir in der behüteten Idylle der deutschen Mittelgebirge aufgewachsen ist.

Der Aufstieg vom Nonnental aus steckt Mike in den Knochen, er sieht ziemlich geschafft aus und offenbart uns, dass er gleich eine Pause braucht und wir alleine weitergehen sollen. Hm, komische Situation. Irgendwie finden wir das rücksichtslos. Aber es kommt noch besser. Nachdem wir noch einige hundert Meter weitergelaufen sind erklärt er uns, dass er sich am Wegesrand in den Schatten zum Schlafen legen wird. Jap, richtig gelesen, wir waren auch mehr als erstaunt. Er besteht darauf, dass wir alleine weitergehen und will auch keine Kompromisse hören. Er versichert uns zum x-ten Mal, dass alles in Ordnung ist, er hat Handyempfang und kann beschreiben wo er zu finden ist im Notfall. Mit einem Lachen meint er wir sollen jetzt endlich abhauen und legt sich tatsächlich hinter einen Busch zum Dösen. Das Kapitel Mike endet hier somit auch schon wieder. Es war ein spannendes!

Jetzt wieder unter uns erklimmen wir den mittlerweile steil ansteigenden Pfad. Da der Gipfel vor uns aufragt befinden wir uns nun größtenteils im Schatten, was uns sehr gelegen kommt. An einer Quelle füllen wir unsere fast leeren Wasservorräte wieder auf und waschen uns den Schweiß aus dem Gesicht. Kaltes Wasser kann so herrlich sein. Es wird immer steiler und stellenweise auch etwas glitschig. Immer öfter müssen wir uns mit Händen und Füßen die Felsen hinaufziehen, einen wirklichen Pfad kann man nur noch durch die spärlichen Markierungen auf dem Boden erahnen. Es macht unglaublich Bock, auch wenn es sehr anstrengend ist. Bei der Überlegung, dass Mike diesen Teil der Strecke noch vor sich hat machen wir uns doch ein wenig Sorgen. Aber schneller als gedacht erreichen wir auch schon das Plateau unterhalb des Pico Grande Gipfels. Ab hier geht es entweder geradeaus oder bergab weiter. Ein herrlicher Blick in das weltberühmte Nonnental belohnt alle Anstrengungen.

Endlich der leichte Teil der Tour
Das südliche Nonnental mit dem markanten Hotel (ganz weit hinten am Berg zu sehen)

Der Monsterteil der Runde ist geschafft. Zwar liegt ca. die Hälfte der Wegstrecke noch vor uns, die Wege sind aber ab hier wesentlich besser und es geht eigentlich nur noch leicht abwärts. Es lässt sich gut laufen und entsprechend zügig kommen wir vorwärts. Die Aussichten sind genial, das Wetter ist immer noch perfekt, wenn auch heiß, aber hier und da finden sich Quellen in den Felsen. Immer wieder eine nette Erfrischung. Wir umrunden den Pico Grande erst im Osten und marschieren an Süd- und Westflanke weiter. Der Blick wandert nun wieder über das Serra d’Agua Tal bis nach Ribeira Brava am Meer. Auch den Encumeada Pass kann man wieder erkennen. Nach dem Taleinschnitt des Curral Jangao, wo wir einen sehr idyllischen Bergbach auf einer Brücke überqueren, erreichen wir wieder den typischen Laurisilva, den markanten Lorbeerwald von Madeira. Hier bietet sich ein völlig anderes Bild. Die karge Bergwelt weicht einer dschungelhaften Vegetation. Der Schatten ist eine angenehme Abwechslung nach den letzten Kilometern in der prallen Sonne und auf dem mit Laub bedeckten Pfad lässt es sich angenehm laufen.

Der schattige Teil im Laurisilva

Bald darauf erwartet uns die letzte Herausforderung der Tour, die wir uns aber selbst so ausgesucht haben. Offiziell verläuft der Wanderweg weiter bis zum Parkplatz und von dort über die Passstraße zurück zum Auto. Wir ersparen uns den Straßenabschnitt und nehmen den kleinen Wartungspfad, der bergauf über Treppen entlang der Druckleitung zur Ladekammer des Serra d’Agua Kraftwerks verläuft. Bocksteil das Ding und zum Abschluss der ohnehin schon anstrengenden Runde eine echte Herausforderung.

Sehr steiler Anstieg zur Ladekammer

Allerdings ist der Ausblick von der Ladekammer über das Tal unbeschreiblich schön. Oben angekommen folgen wir einfach dem Canal do Norte, der die Ladekammer speist, und sind nach wenigen hundert Metern wieder am Auto.

Fazit:

Eine fantastische Runde mit spektakulären Aussichten die unbedingt empfehlenswert ist. Die Kamera weiß gar nicht wo sie zuerst fotografieren soll, also genügend Speicherplatz mitnehmen.

Man sollte sich allerdings der zu bewältigenden Höhenmeter unter alpinen Bedingungen bewusst sein. Die Wege sind zwar recht gut zu finden, ein GPX-Track sollte aber wenn möglich dabei sein. Unbedingt auch die Wettervorhersage beachten, es kann sehr schnell umschlagen in den Bergen Madeiras. Es kann durchaus vorkommen das man bei bestem Wetter startet und plötzlich liegen die Berge bei starken Winden und Regen in der Wolkendecke. Die Wege werden dann rutschig und eine vernünftige Orientierung ohne GPS ist oftmals nur sehr schwer möglich. Ratsam ist bei sonnigem Wetter auch eine Kopfbedeckung, wir hatten keine dabei und haben uns aus den mitgeschleppten Klamotten etwas gebastelt. Ausreichend Wasser versteht sich ja von selbst.

Faktencheck:

19,2 km, 1030 Hm, 2,5 km/h, grandiose Aussichten, keine Tunnel, sehr viel Wasser, 2x Twix, 1x Mike

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