...besser raus!

Boca do Risco – Porto da Cruz – Pico do Furado

Start und Ziel der heutigen Tour ist der alte Canical-Tunnel den wir schon von einer anderen Wanderung kennen. Die Parkplatzsituation am Einstieg in die Levada do Canical und vor dem Tunnel ist etwas schwierig bzw. angespannt. Es besteht zwar kein Parkverbot in der nicht allzu breiten Straße, aber die Anwohner sind verständlicherweise sichtlich genervt von den teils ungenierten Touristen. Wir waren schon mehrfach hier und jedes Mal herrschte so eine Art Mietwagenanarchie. Das ist heute nicht anders, mehrere Bauarbeiter diskutieren bei unserer Ankunft lautstark mit zwei Festlandportugiesen, die ihren Luxuswagen unglaublich dreist einfach direkt vor eine kleine Seitengasse gepflanzt haben. Wir machen es einfach wie die letzten Male auch und fahren noch ein kleines Stück den Caminho Pico do Facho rauf und parken außerhalb des bebauten Gebiets am Wegesrand. Das hat bisher immer gut funktioniert und niemand fühlt sich gestört.

Wir haben von unserem favorisierten einheimischen Wandersmann mal wieder eine etwas unübliche Tour von einer GPX-Quelle im Netz abgezapft und dem Oregon zum Fraß vorgeworfen. Nach kurzer Verdauungsphase ist dieses auch sogleich bereit, die Eneloops sind knackevoll und die Inselkarte ist geladen. Soll heißen wir sind startklar.

Wir laufen zurück zum Canical-Tunnel und steigen in den Wartungspfad der Levada do Canical ein. Dieser führt uns vorerst mitten durch ein Wohngebiet und kurz darauf stets oberhalb des Stadtrands von Machico entlang. Der Weg ist breit und einfach zu laufen. Nach einiger Zeit passieren wir eine Levadabaustelle mit vier lustigen Arbeitern die uns freundlich Platz machen und sogar noch Ratschläge verteilen wie wir die Engstelle am besten unbeschadet queren können. Fröhlich nickend und immer lächelnd verstehen wir davon aber kein Wort, es wird Zeit für einen Portugiesisch-Kurs.

Am Einstieg in die Levada do Canical

Irgendwann treffen wir auf den Vereda da Boca do Risco und verlassen somit die Levada do Canical. Es geht jetzt bergauf und am Wegesrand grasen die fast schon obligatorischen Ziegen. Durch Wiesen und über einige felsige Abschnitte erreichen wir den Aussichtspunkt Boca do Risco. Erwartungsgemäß ist hier recht viel los, denn es handelt sich um eines der totalen Madeira-Highlights. Berechtigterweise. Die Aussicht von den Klippen der Steilküste ist einfach nur genial und zusammen mit der Soundkulisse der tosenden Brandung einige hundert Meter unter uns nicht mit Worten zu beschreiben. Das genießen wir in vollen Zügen bei einer kleinen Trinkpause.

Zwischen Himmel und Wasser… und doch auf der Erde
Am Aussichtspunkt Boca do Risco

Anschließend beginnen wir den recht häufig begangenen Teil der heutigen Tour und folgen stets in der Steilwand über dem Meer dem Vereda do Larano. Der Pfad ist an einigen Stellen dicht bewachsen, aber dort wo kein Bewuchs die Sicht verdeckt ist der Wegverlauf umso spektakulärer. Der Blick schweift die Steilküste entlang, über bizarre Felsformationen in den Steilwänden und den tiefblauen Atlantik. Beides wird vom weißen Band der Brandung getrennt.

Blick entlang der Steilküste bis zur Ponta Sao Lourenco

Die Wellen schlagen an der Nordküste meistens recht heftig auf das vulkanische Gestein und sorgen immer wieder aufs Neue für ein grandioses Schauspiel. Wir haben zudem Glück, denn heute sind nur sehr wenige vereinzelte Wanderer auf dem Vereda unterwegs. Früher Start wird wie immer belohnt.

Ein Grenzstein am steinigen Wegesrand markiert nicht nur den Grenzverlauf zwischen Porto da Cruz und Machico, sondern auch zugleich den Aussichtspunkt „Ponta do Espigao Amarelo“. Sicherlich die abenteuerlichste Stelle auf dem Vereda do Larano. Nach ausgiebigem Bestaunen des Panoramas folgen wir dem Pfad weiter in Richtung Porto da Cruz. Der Track führt jetzt immer öfters durch dichten Waldbewuchs aber trotzdem immer noch weiter an der Steilküste entlang.

In der Steilwand, teilweise mit neuen Sicherungen

Am äußersten Stadtrand von Porto da Cruz treffen wir auf die Teleférico do Larano. Hierbei handelt es sich um eine Seilbahn die extrem steil an der Felswand zu den bewirtschafteten Terrassen unten über dem Meer führt. Die ganze Anlage wurde mit EU-Fördermitteln gebaut und sollte als Transport- und Personenaufzug für die Landwirte dienen. Das Projekt verschlang wohl knapp eine Millionen Euro, wurde 2006 fertiggestellt und war nie in Betrieb. Vielmehr diente die Seilbahn eher als Prestigeobjekt für den damaligen äußerst zwielichtigen Präsidenten des hiesigen Bauernverbandes. Man findet auf Madeira viele solcher nagelneuen Ruinen. Projekte die Regionen aufwerten sollten aber letztendlich zumeist der Profilierung einiger Politiker oder dem ehemaligen Inselpräsidenten dienten. Zum Glück hat sich der politische Wind aber in den letzten Jahren etwas gedreht.

Blick auf Porto da Cruz und den berühmten Adlerfelsen

Die Seilbahn markiert für uns auch einen drastischen Wendepunkt, denn wir machen fast einen sauberen U-Turn und steigen über eine Treppe in einer Steinwand in den Caminho da Degolada ein. Hier beginnt der ganz selten begangene Teil der Runde, der sich so auch in keinem uns bekannten Wanderführer befindet. Zunächst führt der kleine Pfad noch an einigen Feldern entlang, vorbei an einigen Kühen und einer abgedeckten Quelle. Dann beginnt fast schlagartig ein äußerst steiler Aufstieg über erdigen Boden und kleine Holzstufen die aber kaum Treppenfunktion vermitteln. Die Betriebstemperatur steigt rasant und die Oberschenkel brennen bald.

Von links kommend machen wir einen U-Turn, die Treppe ist der Einstieg in den Caminho da Degolada

Eigentlich wie immer, wenn es richtig übel anstrengend wird, steigt die Laune noch mehr und es wird einem wiedermal bewusst, wie geil Wandern auf Madeira ist. Wir schleppen unsere fadenscheinige Mittelgebirgskondition durch dichte Vegetation den bocksteilen Anstieg rauf und gelangen irgendwann nach einigen Litern Schweiß an eine kleine Wegekreuzung. Hier gehen wir noch weiter einige Meter geradeaus und treffen dann auf einen Picknickplatz mitten im tiefsten Madeira-Dschungel. Zeit für Wasser, Twix und eine Atempause. Immerhin ist der fieseste Anstieg für heute absolviert und spaßig wars trotzdem.

Voll geladen mit Twixenergie und frischem Wasser nehmen wir jetzt den kleinen Pfad der links vom Picknickplatz abzweigt. Nach wenigen Metern verändert sich die ohnehin schon üppige Vegetation zu einer irgendwie unwirklichen Traumlandschaft. Am Boden des dichten Waldes wachsen Riesenfarne, teilweise weit über zwei Meter hoch und unser Pfad schlängelt sich zwischen und unter den Pflanzen hindurch. Man fühlt sich wie geschrumpft, so wie man es aus diversen Filmklassikern kennt. Die Insel hat aber auch immer wieder was Neues für uns zu bieten.

Unter Farnen… und das sind nur die Kleinen

Einige hundert Meter später, zwischenzeitlich gab es sogar einige Geocaches zu finden, erreichen wir die Casa das Fonduras, eine Art forstwirtschaftliches Schulungshaus mitten in der Pampa hoch über Machico. Hier biegen wir auf den Weg nach Osten ab und folgen diesem an einem weiteren Picknickplatz vorbei bis zum Aussichtspunkt Pico do Furado.

Wettergebilde auf dem Weg zum Downhill-Trail

Zwischenzeitlich werden wir von einem Kleintransporter mit Anhänger überholt. Dieser karrt eine ansehnliche Ladung ziemlich teuer aussehender Downhill-Bikes durch den Wald. Das Ziel seiner Reise erreichen wir, nachdem wir den Gipfel des Pico do Furado umrundet haben. Ein nagelneuer Downhill-Trail, der sich abenteuerlich durch den Wald bis zum Aussichtspunkt am Boca do Risco herunterstürzt.

Ab hier teilt sich der Wanderweg die Strecke mit einem Bike-Trail… hätte man besser lösen können

Mangels Alternative nehmen wir auch den Downhill-Trail, der eigentlich vorher sowieso ein Wanderpfad war. Der ist zu Fuß schon wirklich abenteuerlich zu begehen und wir müssen mehrmals Bikern Platz machen, die mal mehr und mal weniger gekonnt durch die tiefen Drops schießen. Ein wohl relativ ungeübter Engländer fliegt auch tatsächlich fast über seinen Lenker, kann sich aber mit Glück irgendwie wieder fangen. Leicht geschockt erzählt er uns, dass er mit allem gerechnet hat… nur nicht mit diesem Schwierigkeitsgrad. Kaum ist er wieder verschwunden brüllt von hinten eine weibliche Stimme: „Waaalkers on the Traiiiil!!“ und donnert an uns vorbei. Ihr folgen weitere Biker aber irgendwann haben wir wieder unsere Ruhe. Was lernen wir daraus? Die Kombination aus Wander- und Biketrail taugt rein gar nichts, ganz im Gegenteil, jeder gefährdet den anderen irgendwie. Nun denn, wir erreichen wieder den Boca do Risco, da waren wir ja bekanntlich heute schonmal.

Ausblick vom Bike-Trail auf den Aussichtspunkt Boca do Risco

Die letzten Ausblicke von der Steilküste werden eingefangen. Dann verlassen wir den Boca do Risco wieder über denselben Vereda wie vormittags. Der Rückweg gleicht dem ersten Abschnitt der Tour und so gelangen wir über die Levada do Canical und abschließend über den Caminho Pico do Facho wieder zurück zum Mietwagen.

Ziegenkult auf dem Rückweg: Hier wird den Gehörnten gehuldigt

Fazit:

Eine richtig fette Tour mit grandiosen Aussichten. Vom alten Canical-Tunnel bis zum Boca do Risco und teilweise darüber hinaus bis nach Porto da Cruz, muss man je nach Wetter und Saison mit relativ vielen Wanderern rechnen. Spätestens beim Aufstieg auf dem Caminho da Degolada trifft man aber niemanden mehr. Der Abschnitt direkt an der Steilküste ist spektakulär aber jederzeit sicher zu gehen. Wirklich gefährliche Passagen findet man auf dieser Tour keine. Unbedingt sehenswert sind auch die Riesenfarne an den bewaldeten Berghängen. Um Stress beim Parken am Start zu vermeiden, empfehlen wir einfach noch ein Wenig in Richtung Pico do Facho weiter zu fahren. Am Wegesrand finden sich dann einige Möglichkeiten das Auto loszuwerden.

Faktencheck:

23,7 km, 3,8 km/h, 440 Hm, spektakuläre Aussichten, 1x übler Aufstieg, 1x Downhill-Trail

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